Bot ist bei Software eine Abkürzung für Roboter. Ein Bot ist also ein Computer-Programm, das wie alle anderen Computer-Programme automatisch bestimmte vordefinierte Aufgaben erfüllt. Bereits der erste Vordenker der Computer-Entwicklung, Alan Turing, hat sich Gedanken dazu gemacht, wie es sich auswirken könnte, wenn ein Computer-Programm in der menschlichen Kommunikation eingesetzt wird. Diesen Turing-Test scheinen jetzt einige Bots in sozialen Netzwerken bestanden zu haben, wie die taz berichtete. Was sind die Gründe für den Erfolg der Bots in sozialen Netzwerken?
Bereits bevor es Computer für jedermann gab, hat sich Turing Gedanken dazu gemacht, wie man denn bei einer entfernten Kommunikation zwischen einem Menschen und einem Computer unterscheiden könnte. Diese Frage ist immer noch aktuell, zumal inzwischen viel menschliche Kommunikation über Entfernung abläuft. In sozialen Netzwerken wie Twitter oder Facebook wird grundsätzlich nur entfernt kommuniziert. Man schreibt am PC oder am Handy eine Nachricht, lädt ein Bild dazu hoch oder reagiert in entsprechender Weise auf andere entfernt aufgegebene Nachrichten. Da kann man doch auf die Idee kommen, Computer-Programme, also Bots, zu entwickeln, die diese kommunikativen Aufgaben automatisch erledigen.
Diese Bots müssten wohl ziemlich intelligent sein? Doch zunächst müssen die Bots für soziale Netzwerke intelligent programmiert werden. Und dann muss ihr Einsatz auch noch intelligent umgesetzt werden. Die taz berichtet von zwei amerikanischen Untersuchungen, bei denen Bots in sozialen Netzwerken eingesetzt wurden.
Im sozialen Netzwerk Facebook wurden Bots als Konten von nicht in der Wirklichkeit existierenden Menschen entwickelt. Die Bots haben dann Anfragen an andere Konteninhaber gerichtet und konnten eine Quote von 20 Prozent erfolgreicher Freundschaftsanfragen für sich verbuchen. Ob dieser Erfolg allerdings so bemerkenswert ist? Schließlich sind die Bots in sozialen Netzwerken damit zu 80 Prozent ohne Erfolg geblieben. Hier zeigen die Bots nur auf, dass viele Facebook-Nutzer nicht sehr genau hinschauen, wenn sie eine Freundschafts-Anfrage bestätigen.
Bei der zweiten Untersuchung zu Bots in sozialen Netzwerken wurden Bots entwickelt, um die Kommunikation beim Kurzmitteilungsdienst Twitter zu beeinflussen. Die Bots waren mit 2.700 Twitter-Nutzern im Kontakt. Auch hier ist der Erfolg der Bots im sozialen Netzwerk nicht berauschend: Im Durchschnitt folgten den Bots nur 62 Nutzer, 33-mal wurden die Mitteilungen der Bots von anderen Twitter-Nutzern erwähnt. Die taz verzichtet darauf, hier eine Prozentzahl des Erfolgs der Bots in sozialen Netzwerken auszuweisen, man müsste wohl eher auf die Promille-Rechnung zurückgreifen.
Trotz dieser Pleiten der Bots in sozialen Netzwerken ist die Frage, die aufgeworfen wird, interessant: Können Bots langfristig soziale Netzwerke verändern? Schließlich ist die Bots-Programm-Entwicklung erst am Anfang. Bots wären nicht die ersten Computer-Programme die Einfluss auf das Kommunikationsverhalten nehmen würden. Bereits in den 1950er-Jahren entwickelte der Computer-Pionier Joseph Weizenbaum das Programm Eliza, das die Arbeit eines Psychotherapeuten simulieren sollte. Zum Entsetzen von Weizenbaum wurde das Programm zum Erfolg. Sogar seine Sekretärin soll ihn gebeten haben, dass er ihr während der Kommunikation mit dem Programm nicht über die Schulter schaut. Es gab auch Psychotherapeuten, die sich eine Weiterentwicklung von ELIZA als Ersatz für ihre Arbeit vorstellen konnten.
Auf eine solche Idee (Bots oder Computer-Programme kommunizieren wie Menschen), kann man nur kommen, wenn der zu Grunde liegenden Kommunikationsprozess als Algorithmus (also in einfachen elementaren Regeln) formulierbar ist. Weizenbaum hatte offenbar sehr einfache Kommunikationsregeln gefunden, die sehr überzeugend die Arbeit eines Gesprächs-Therapeuten simulieren konnten. Das spricht nicht für die Intelligenz der Programme sondern für die Einfachheit der Regeln bzw. der beobachtbaren Kommunikation.
Eine diese Regeln ist beispielsweise: Wiederhole, was der Klient sagt und fordere ihn auf, dazu mehr zu sagen.
Also etwa wie folgt: „Sie sagen, dass Ihre Mutter wenig Verständnis für Sie als Kind hatte. Erzählen Sie mir mehr über ihre Kindheit!“ Wenn solche simplen Regeln in Gesprächen funktionieren, dann spricht das nicht für die Intelligenz von Computern, sondern eher für Eingeschränktheit der Gesprächsteilnehmer.
Damit ist dann klar, was der Hintergrund eines möglichen Erfolgs zukünftiger Bots in sozialen Netzwerken ist: Die Kommunikation in sozialen Netzwerken muss in einfachen Regeln beschreibbar sein. Dazu auch ein Beispiel, wo man nicht erkennt, ob die Reaktion durch Bots oder durch Menschen erfolgt.
Facebook-User1: Gestern an meinen Geburtstag war ich im Konzert …
Facebook-User2: Gefällt mir, Nachträglich alles Gute zum Geburtstag, wie war das Konzert?
Facebook-User3: Gefällt mir auch, das Konzert war bemerkenswert, wie geht es Dir am Tag nach Deinen Geburtstag?
Der Erfolg von Bots in sozialen Netzwerken hängt also davon ab, dass sich die Kommunikation an einfachen Standards orientiert. Gute-Laune-Netzwerke wie Facebook neigen dazu, dass Gute-Laune-Standards der Kommunikation angewandt werden. Und solche Standards sind nicht unbedingt durch allzu komplexe Regeln gekennzeichnet. Außerdem ist den meisten Facebook-Nutzern klar, dass ziemlich viele ihre Statements mitlesen können. Auch das führt bereits zu einer Normung in der Kommunikation. Wie bei einer Party, wo nur viele lose Bekannte irgendwie im Raum herumstehen.
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