Die Wende ins Offene beginnt, wenn du bereit bist, das Bestehende nicht nur negativ zu sehen
von Rainer Meyer
Die Wende ins Offene: Über einen Spruch, der Potential hat
Es ist schon eine Weile her – mindestens 30 Jahre –, als wir an einem langen Tisch im Vereinsbüro des „Arbeitskreises Rationalisierung“ saßen, der später unter dem pragmatischen Namen „Technik und Leben“ bekannt wurde. Wie so oft drehten sich unsere Gespräche um Psychologie, Informatik, das Leben und das Sein. Und natürlich darum, wie wir die arbeitenden Massen dazu bringen könnten, ihre Computer mit Cola in die Tastatur zu fluten oder sie anderweitig an die Wand zu spielen. Es war eine Zeit voller Diskussionen, Ideen und – zugegeben – auch ein bisschen Chaos.
Mitten in diesem Gedankengewimmel sprach Bodo (Name geändert) plötzlich Worte, die mich bis heute nicht loslassen: „Die Wende ins Offene beginnt, wenn du bereit bist, das Bestehende nicht nur negativ zu sehen.“ Dieser Satz gefiel mir irgendwie gut. Damals steckten viele Leute in Beziehungskonflikten, die alles andere als erfreulich waren. Stress, Frust und das Gefühl, festzustecken, prägten den Alltag. Doch Bodos sagte zu uns:
„Die Wende ins Offene beginnt, wenn du bereit bist, das Bestehende nicht nur negativ zu sehen.“
Was, wenn ich diese Idee mit einem Reframing – einer neuen Perspektive – verbinden kann? Plötzlich schien ein besseres Ergebnis, ja sogar ein besseres Leben, in Reichweite zu liegen.
Viel Rauch und Rausch: von der NLP zur Philosophie
Im Hintergrund spielte damals auch das Thema Neurolinguistische Programmierung (NLP) eine große Rolle. Es war in aller Munde, und Sprüche wie der von Bodo passten perfekt in diese Zeit. NLP versprach, mit Techniken wie Reframing die eigene Wahrnehmung zu verändern und so das Leben zu verbessern. Später wurde mir klar, dass NLP mehr Esoterik als Wissenschaft war – eine Art „Irrationalwissenschaft“, wie ich es heute nennen würde.
Doch dieser eine Spruch blieb bei mir, unabhängig von seiner Herkunft: „Die Wende ins Offene beginnt, wenn du bereit bist, das Bestehende nicht nur negativ zu sehen.“ Neugierig, wie ich war, fragte ich Bodo damals, woher er diese Weisheit hatte. Seine Antwort war vage: Er meinte, er habe den Satz vielleicht im Philosophiestudium von einem Professor gehört. Oder war es doch eine Paartherapeutin, bei der er kurzzeitig als Klient war? Er konnte es nicht genau sagen. Ich grub tiefer, dachte an Martin Heidegger – „Die Wende ins Offene“ klang doch sehr nach ihm! Aber so sehr ich auch suchte, in keinem Buch, keinem Text von Heidegger fand ich etwas, das auch nur annähernd passte. Falls ein Leser hier einen besseren Hinweis hat, möge er sich gerne melden – entweder in den Kommentaren (wenn sie denn mal wieder erlaubt sind), per E-Mail oder über meinen Twitter-Account @RainerMeyer. Ich warte auf bessere Zeiten.
Eine andere Spur: Familienaufstellung?
Eine weitere Möglichkeit kam mir Jahre später in den Sinn: Vielleicht hatte der Spruch etwas mit Bert Hellinger und der Familienaufstellung zu tun. Das war damals ebenfalls schwer in Mode. Die Idee, das Negative durch etwas Positives zu ersetzen, könnte in diese Richtung deuten – eine Art innerer Klärung, um „ins Offene“ zu gelangen. Bodo selbst konnte sich nicht mehr genau erinnern, was er damals meinte. Vielleicht war das auch gar nicht so wichtig. Vielleicht liegt die Kraft des Satzes gerade darin, dass er sich wandelt, je nachdem, wie man ihn interpretiert.
Was bleibt von der Wende ist Offene, wenn die Zeitenende auch schon 3 Jahre auf dem Buckel hat?
Heute denke ich oft über eine leicht abgewandelte Version nach:
„Die Wende ins Offene beginnt, wenn du bereit bist, das Bestehende nicht nur positiv zu sehen.“
Es ist eine Einladung, die Perspektive zu wechseln – nicht nur das Negative zu meiden, sondern das Vorhandene aktiv in einem neuen Licht zu betrachten. Damals, vor 30 Jahren, scheint mir dieser Gedanke geholfen zu haben, aus einer Straße mit Sackgassen-Charakter herauszukommen. Und selbst heute, im Rückblick, bleibt er ein kleiner Kompass für schwierige Zeiten. Was meint ihr? Habt ihr ähnliche Sprüche, die euch durchs Poltern im Leben begleiten? Oder kennt ihr vielleicht doch die wahre Quelle von „Die Wende ins Offene beginnt, wenn du bereit bist, das Bestehende nicht nur negativ zu sehen.“?