Nach Ansicht vieler Sozialpsychologen ist die Aufrechterhaltung eines stabilen und positiven Selbstbildes ein sehr bestimmendes Handlungsmotiv von Menschen. Sozialpsychologische Theorien der „Kognitiven Dissonanz“ beschäftigen sich mit der Frage, was passiert, wenn diese Selbstbild dadurch in Frage gestellt wird, dass Verhaltensweisen bewusst werden, die im Widerspruch zu diesem Selbstbild stehen. Dabei stehen dann beim Konzept Kognitive Dissonanz zwei Kognitionen in einem Gegensatz:

  1. Die Kognition, die zum Selbstbild gehört und
  2. die Kognition, die das eigene Verhalten wahrnimmt.

Grundlegend gehen die Ideen zur Kognitiven Dissonanz auf den Sozialpsychologien Leon Festinger zurück. Dieser hatte zunächst aber nur darauf abgestellt, dass Kognitive Dissonanz dann entsteht, wenn zwei beliebige Kognitionen in einen Konflikt geraten. Demgegenüber betont der Sozialpsychologe Elliot Aronson in seinem Standardwerk „Sozialpsychologie“, dass vor allem dann Kognitive Dissonanz eintritt, wenn man gewahr wird, dass die eigenen Verhaltensweisen mit dem eigenem Selbstkonzept nicht mehr übereinstimmen. Aronson geht mit anderen davon aus, dass das Selbstkonzept überwiegend durch die Vorstellung bestimmt ist, dass man als Mensch erfolgreich und integer dabei ist, wenn man sein eigenes Leben gestaltet.

Beispiel: Zum eignem Selbstkonzept mit Auswirkungen auf Kognitive Dissonanz gehörte es, dass ich gesund lebe, regelmäßig Sport treibe und auch sonst Exzesse vermeiden. Dazu passt es eigentlich nicht, wenn ich regelmäßig Suchtmittel wie Zigaretten oder Alkohol im starken Umfang konsumiere. Wird mir dieser Gegensatz bewusst, dann ist dies eine Kognitive Dissonanz und ich bin bestrebt, diese zu überwinden. Hierzu gibt es unterschiedliche Strategien.

Die meisten Leute haben das Bedürfnis, sich selbst als vernünftig, moralisch integer und intelligent zu sehen. Deshalb führen Kognitionen, die ihnen bewusst werden und die zu diesen Prinzipien im Konflikt stehen, zu einem unguten Gefühl, dass dann von der Sozialpsychologie als Kognitive Dissonanz definiert wird. Dieses Unbehagen wünscht der Mensch zu reduzieren, so die unterstellte Voraussetzung der Theorie der Kognitiven Dissonanz. Die Sozialpsychologie setzt damit die Kognitive Dissonanz auf die gleiche Stufe wie andere Bedürfnisse; z.B. Hunger und Durst. Dort führt das Unbehagen im Fehlen von Flüssigkeit oder Nahrung zum Streben nach einer Kompensation.

Als Methoden zur Reduktion der Kognitiven Dissonanz werden von der Sozialpsychologie genannt:

  • Änderung der Verhaltensweisen, die der Kognitiven Dissonanz zugrundeliegen
  • Änderung der dissonanten Kognition, also Veränderung der Bewertungen, die für das eigene Verhalten angewandt werden
  • Hinzufügen neuer Kognitionen zum Denken, um dem Verhalten einen Rechtfertigungsgrund zu liefern.

Beispiel: Wer also zu viel Drogen konsumiert und dies als Kognitive Dissonanz zu seinem Lebenskonzept sieht, der könnte sein Verhalten ändern und auf Drogenkonsum verzichten. Er könnte aber auch die Bewertung des Drogenkonsums ändern oder neue Sichtweisen auf den Drogenkonsum entwickeln, die letztlich auf eine Änderung des Lebenskonzeptes hinauslaufen.

Es fällt auf, dass bei den Methoden zur Reduktion der Kognitiven Dissonanz nicht der Punkt Verdrängung als Überwindung der Kognitiven Dissonanz angesprochen wird. Obwohl die Theorie der Kognitiven Dissonanz gewisse Anklänge an die Psychotherapie von Siegmund Freund hat, wird dessen Verdrängungs-Konzept nicht angewandt. Als Verdrängung wird in der Freud’schen Psychoanalyse jeder Abwehrmechanismus verstanden, durch den tabuisierte und bedrohliche Inhalte des Denkens und der bewussten Wahrnehmung aus dem Bewusstsein ausgeschlossen werden.

Dass Kognitive Dissonanz meist unbewusst abläuft, wird von den Sozialpsychologen vorausgesetzt, deshalb passt der Begriff Verdrängung nicht in die Theorie der Kognitiven Dissonanz.

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