Über einen Bekannten habe ich erfahren, dass es auch in Bonn eine Socialbar gibt. Ich möchte demnächst ein Projekt starten, bei dem aktuelle Fragen zu Computer und Internet (Stichworte wären hier beispielsweise Big Data und Social Media Marketing) aufgegriffen und in eine produktive Richtung gebracht werden sollen. Dass diese Idee im Moment noch sehr vage ist, gestehe ich gerne zu, doch der Hinweis meines Bekannten auf Socialbar Bonn war gut, denn hier scheint eine Plattform erreichbar zu sein, bei der man auch vage Ideen vorstellen und diskutieren kann. Über die Vernetzung von interessierten Menschen könnte man dann zu einer konkreteren Umsetzung dieser Ideen kommen.

Socialbar Bonn

Ausriss http://socialbar.de/wiki/Bonn

Das war jetzt schon so was wie ein vorgezogenes Fazit zur Socialbar Bonn, doch ehe ich hier weiter allgemein bleibe, möchte ich sehr konkret den Ablauf des Abends (Socialbar Bonn – 1.9.2014 in der Deutschen Welle Bonn) beschreiben. Ich möchte zur Socialbar Bonn eine differenzierte Einschätzung abgeben und mit einem Appell zur Mitarbeit bzw. Unterstützung meinen Blogbeitrag abschließen.

Vom informellen Hinweis über die Socialbar Bonn über den Mail-Kontakt zum Treffen

Nachdem ich die Kontaktdaten zur Socialbar Bonn über das Internet recherchiert hatte, habe ich mich per Mail an die Verantwortlichen für die Veranstaltung vom 1.9. bzw. die Verantwortlichen der Socialbar Bonn gewandt und gefragt, ob ich noch irgendwas beachten müsse, wenn ich wie gewünscht zur Veranstaltung am 1.9. in der Deutschen Welle kommen wolle. Mir wurde kurz geantwortet: „Es gibt eigentlich nichts weiter zu beachten.“ Das hat sich dann auch bestätigt.

Der Ablauf einer Socialbar (anscheinend nicht nur in Bonn) ist:

• 30 Minuten Zeit zum Ankommen und Small Talk
• 10 Minuten Präsentation eines Themas + 10 Minuten Diskussion dazu
• 10 Minuten Präsentation eines Themas + 10 Minuten Diskussion dazu
• 20 Minuten Pause zum Vernetzen bzw. zum Small Talk oder Rauchen usw.
• 10 Minuten Präsentation eines Themas + 10 Minuten Diskussion dazu

Obwohl ich vorher gedacht hatte, dass die 10-Minuten-Einheiten eher zu kurz sind, hat mich dieses strickte Format bereits am ersten Abend überzeugt. Damit ist ein berechenbarer Ablauf definiert, es gibt keine Zeit zum Vertrödeln und sowohl die Vortragenden wie auch die Nachfrager und Diskussionsteilnehmer kommen auf den Punkt. Allerdings bleiben auch viele Fragen offen und ich frage mich, ob das Konzept ausreichend Anknüpfungspunkte für Vertiefungen bietet.

Für mich als Neuling war die Zeit bis zur offiziellen Begrüßungsrunde eher wenig kommunikativ. Ich hatte auch den Eindruck, dass die anderen Neulinge eher zurückhaltend waren und auch die alten Hasen nicht so recht wussten, wie die Zeit zu nutzen wäre. Aber diese Sichtweise ist möglicherweise zu subjektiv. Bevor die erste Präsentation startete, war dann die Vorstellungsrunde. Diese lief flott, obwohl 30 Teilnehmer oder mehr anwesend waren. Ich konnte erfassen, dass die berufliche Verankerung der Teilnehmer eher im Bereich der öffentlichen Verwaltung (z.B. Entwicklungsprojekte, Berufsbildung) war. Es gab ein deutliches Übergewicht bei den weiblichen Teilnehmern und die Altersgruppe 30+ bis 50- war eher prägend als die jüngeren oder älteren.

Dann starte der erste Vortrag: „Tea after Twelve“: Es geht um ein Projekt, bei dem eine Hochqualitätszeitschrift als Online-Ausgabe publizistisch wirksam werden soll. Das Projekt wird dauerhaft englischsprachig bleiben. Der witzig gemeinte Titel „Tee nach zwölf“ soll als Alternative und Antwort zu „Fünf vor Zwölf“ verstanden werden. Die Macherinnen haben es leid, ewig Diskussionen und Statements anzuhören, bei denen Warnungen ausgesprochen werden, dass die Welt bald zu Ende sein wird (Umweltkatastrophen, Währungskrisen, Wachstumseinbrüche, usw.). Stattdessen möchten sie mit ihrer Zeitschrift darauf hinweisen, dass es bereits nach Zwölf ist und man sich daher eher ruhig bei einer Tasse Tee mit den Chancen und Risiken der schon eingetroffenen Zukunft beschäftigen könne. Diese Idee ist mir sehr sympathisch, ich kann das Genöle von der ewig bevorstehenden Katastrophe auch nicht mehr hören, denn dass kenn ich auch schon seit mehr als 40 Jahren.

Bei der Diskussion ist mir aufgefallen, dass eine der Macherinnen eher aufgeregt als ruhig auf kleine Hinweise zum Layout der Website reagierte. Hinterfragt wurde lediglich die Art der grafischen Umsetzung mit schwarzen Balken zwischen Bildern und die Problematik des Lesens von weißer Schrift auf schwarzem Hintergrund. Hier wurde dann das schon mehrfach verwendete Statement gegeben: Wir finden die Idee geil, und wir machen das jetzt so. Es bleibt abzuwarten, ob das sehr innovative Projekt mit hohen Qualitätsansprüchen seinen Ansprüchen gerecht werden und auch langfristig im schwierigen Markt des Online-Journalismus überleben kann. Gut finde ich, dass die Website Möglichkeiten der Interaktion bietet (bieten wird) und dass die Autoren und Bildlieferanten für ihre Beiträge bezahlt werden sollen.

Danach kam der sehr überzeugende Auftritt von Thomas Piekarczyk mit seinem Projekt Shirthunters. Thomas schreibt seit Mitte 2009 über T-Shirts und hat es tatsächlich geschafft, zu diesem wirklich als eher eng einzuschätzendem Nischen-Thema fast jeden Tag einen Blog-Beitrag zu verfassen. Ziemlich genau so lange beschäftige ich mich mit der Frage, ob und wie man mit Bloggen Aufmerksamkeit gewinnen oder sogar Geld  verdienen kann. Die Aussagen von Thomas bestätigen meine Einschätzung, dass es im Prinzip geht, aber im Volumen übersichtlich bleibt. Insgesamt sieht es meiner Einschätzung nach so aus, dass man mit Blogger eher dann Geld verdienen kann, wenn man sich mehr und mehr den Marketing-Interessen der entsprechenden Anbieter annähert. In der Diskussion und im anschließenden Small Talk auf der sehr schönen Terrasse der deutschen Welle erläuterte ich dies so, dass man als Blogger durchaus erfolgreich sein und im Bereich von 1.000 Euro und mehr Werbe-Umsatz pro Monat erreichen kann. Aber eher zu Rahmenbedingungen, die vom Journalismus weg hin zum Marketing führen.

Da passte es ganz gut, dass sich der dritte Themenkomplex der aktuellen Socialbar Bonn am Beispiel der Tourismusindustrie mit der Frage auseinandersetzte: Welche Kooperationsformen zwischen Reisebloggern und Tourismusindustrie sind heutzutage möglich und sinnvoll? Kristine Honig stellte ihre Ideen und ihre Website zum Themenumfeld Tourismus und Blogger vor. Das Themenumfeld tangiert die Fragestellung Journalismus und Marketing bzw. die Konflikte, die hier vorprogrammiert sind, wenn Blogger oder Journalisten unabhängig von Verwertungsinteressen Leser informieren wollen, aber zugleich auf Ressourcen (Geld und Infrastruktur) der Industrie zurückgreifen wollen oder müssen, über die sie eigentlich unabhängig berichten sollen.

Dieses Problem ist bei Reise-Journalisten und Reise-Bloggern besonders relevant, denn Reisen ist teuer und beansprucht viel Zeit. Naheliegend ist es daher, dass die Kollegen sich die Reise finanzieren lassen und zusätzlich Geld als „Aufwandsentschädigung“ kassieren. Ob unter diesen Bedingungen noch unabhängiges Schreiben funktionieren kann, ist bereits in den Offline-Medien ein Problem. Online ist es sowieso inzwischen üblich geworden, dass journalistisch ausgerichtete Projekte auf Finanzierungsmöglichkeiten zurückgreifen müssen, die mit Schlagworten wie Advertorial,  Testimonial, Sponsored Post oder ähnlichen gekennzeichnet werden können. Das Problem ist allerdings kein Online- Problem, tritt allerdings dort verschärft auf. Bei dem letzten Vortrag der Socialbar Bonn vom 1.9. war für mich nicht  so recht klar, ob er eher auf Blogger, Medien-Interessenten oder Marketing-Experten fokussiert war.

Die Diskussion zu diesem auch sehr positiv angenommenen Beitrag beschäftigte sich stark mit der Fragestellung Online-Journalismus versus Marketing. Hier fand ich einen Beitrag einer Moderatorin der Socialbar Bonn sehr interessant, die darauf hinwies, dass es ihrer Erfahrung nach in den Vereinigten Staaten undenkbar wäre, dass Journalisten sich ihre Recherchen durch kostenlose Gewährung von Ressourcen oder Aufwandsentschädigungen finanzieren lassen. Wer Geld dafür nehme, dass er neue Erfahrungen mache, der könne nicht unvoreingenommen über diese Erfahrungen berichten. Auch die Referentin fand es nicht überzeugend, wenn man unter einen  Blogbeitrag schreibt, dass man zwar Geld oder Ressourcen von der Firma XXX beansprucht hätte, aber sich insgesamt ausreichend souverän fühle, eine unabhängige Einschätzung abzugeben.

Nach dem letzten Diskussionsbeitrag blieb dann noch ausreichend Zeit für Vernetzung und Kommunikation und ich habe dies auch gut nutzen können. Als Fazit kann ich also festhalten: Es hat sich gelohnt, zur Socialbar Bonn zu kommen und dort Offline mal Fragen diskutieren zu können, die für das Online-Erleben eines Bloggers und Online- Journalisten bzw. -Texters wichtig sind. Ich werde also gerne wiederkommen und appelliere an die Bonner Internet-Interessierten dies auch mal für sich zu überlegen. Die nächste Socialbar Bonn gibt am Mo. 3.11., 18h, Ort noch offen.

 

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