Die Blogger und Blogexperten Don A. und Kai P. haben uns bereits im Jahre 2004 zu erklären gesucht, was denn Blogs! (Ausführungszeichen ist Teil des Buchtitels) sind. Damit waren Sie auf jeden Fall innovativ.

Bildzitat ist wie das folgende Textzitat von der Verlagswerbewebsite:

Blogs sind die Erfolgsgeschichte des Internets. Die privaten Netzpublikationen sind schnell, witzig und bissig. Sie machen den etablierten Medien Konkurrenz. In Blogs zeigen fünfzehn der besten BloggerInnen, was mit Blogs möglich ist: Ein fantastischer Cocktail aus spritzigen Texten und witzigem Webdesign, einem Schuss Frechheit, unbekümmert gerührt und frisch ins Internet geschüttelt. Blogs ist die Happy Hour für Pop, Literatur und Journalismus – und ein Prachtband, der auf Papier Maßstäbe für Blogs setzt.

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Während die Luftblase der New Economy platze, entstand ein anarchisches, unkommerzielles Netzwerk dieser neuartigen Medien: Die Bloggosphäre. Sie war nicht geplant, sie ist nicht gesteuert, aber sie ist da und wächst rasant.
Früher wurden die Blogger von »etablierten« Journalisten als Amateure abgetan. Das arrogante Lächeln ist ihnen vergangen. Medien verlieren im Internet die junge Zielgruppe an die Bloggosphäre. Dort herrscht Meinungsfreiheit, ohne Rücksichten auf Werbekunden oder Zielgruppen.
Die Zwänge des Journalismus gelten für Blogs nicht. Die Leser schätzen sie als Alternative zum Mainstream. und während klassische Medien unter Kostendruck oft schlampig recherchieren, sind Blogger vielfach Spezialisten und demontieren die Onlineredaktionen mit knallhartem Fact-Checking.

Das Buch enthält relativ wenig eigenständigen Text (<15 % der Seiten) der Autoren/Herausgeber und überwiegend Auszüge/Beispiele aus 15 ausgewählten Blogs, von denen der Verlag meint

BLOGS bringt zum ersten Mal eine knallbunte Auswahl der deutschsprachigen Bloggosphäre.
15 der besten BloggerInnen erzählen von der Magie des Alltags und ihrem analogen und digitalen Leben.

Dabei überzeugt der kurze Einleitungstext vom Don noch am ehesten: Man nimmt ihm zumindest ab, dass er mit Herzblut dabei ist und es auch gern sehen würde, wenn die kleinen Davids der Bloggosphäre den großen Medienkonzerne den Rang ablaufen würden. Zum Beleg dieser These stützt er sich auf den Zusammenbruch der Internethype zum Beginn dieses Jahrhundert.

Weniger anregend ist dann das Lesen der ausgesuchten Texte der 15 Blogger; diese verbleiben überwiegend im subjektivistischen und privaten und da ich die Leute weder kenne noch unbedingt kennen lernen will, fällt es mir schwer, den Sinn der jeweiligen Blogs zu erfassen.

Sollte das Klische, „wer früher den Zwang zum Tagebuchschreiben verspürte, sieht sich heute veranlasst zu Bloggen“, wieder einmal bestätigt werden? Nichts gegen Tagebuchschreiben, aber sein Tagebuch in der Öffentlichkeit schreiben, wo ist da der publizistische Sinn? Oder um es einfach weniger hochgestochen zu formulieren: Von Journalisten erwarte ich in erster Linie das sie mich informieren und mir Anregungen zur Meinungsbildung geben, Texte die keine Informationen und nur private Meinung reproduzieren, können also diese journalistische Aufgabe nicht erfüllen. Und diese Kritik halte ich auch aufrecht, wenn mir Don Alphoso nachweist, dass die etablierten Medien auch diese Aufgabe zunehmend schlecht und schlechter erfüllen.

Es sei hier nicht verschwiegen, dass die 6 von 8 Lesern des Buches, die bei Amazon eine Rezension hinterlassen haben, das Buch interessant, unterhaltsam und sogar informativ fanden.

Jens Schmidt

Wenn einem Herr Stuckrad-Barre auf die Dauer zu langweilig wird gibt es in diesem Buch die Compilation-Version. Ganz verschiedene Menschen, die sich, ihre Umwelt und ihre Anschten ganz unzensiert in kleinen Geschichten beschreiben. Natürlich ist nicht alles von höchster Güte, aber als Ganzes einfach interessant und wertvoll.

Kritisch äußert sich Wolfgang Tischer im Literaturcafe:

Bloggen ist zum Glück mehr

Don Alphonso und Kai Pahl unternehmen den Versuch, Texte, die im Internet gut aufgehoben sind, als Buch herauszugeben – und scheitern erwartungsgemäß.

Das Buch [..]will vor allem eines: das Lebensgefühl des Bloggens wiedergeben, was dem Buch zweifelsohne gelungen ist, wie viele Blogger bestätigen. Es ist in diesem Sinne ein Zeitdokument, das versucht, die Flüchtigkeit des Netzes in Papierform einzufangen. Und Don Alphonso zieht mächtig vom Leder und preist die Bloggerszene wie einst die Redakteurs-Volontärin eines E-Business-Magazins die New Economy.
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Das im Buch folgende Kapitel besitzt dann folgerichtig den provokanten Titel »Ein Dutzend Gründe, warum Blogs den Journalismus im Internet aufmischen werden«. Dass dem so ist, ist sicherlich nicht von der Hand zu weisen. Einige Blogs kommentieren die etablierten Medien in gekonnter Weise, weisen Fehler nach oder ermitteln, wo der Journalist die vermeintlich selbst recherchierte Story abgeschrieben hat. Das letzte Beispiel dieser Art war z.B. die ursprünglich als »Exklusiv« betitelte Serie des SPIEGEL Online über die Herkunft von berühmten Markennamen. Ein Blogger wies nach, dass diese Serie aus einer Liste der englischen Ausgabe des Wikipedia abgeschrieben und leicht aufgemotzt war. Inklusive kleiner Erklärungs- und Sortierfehler. Kleinlaut ergänzte der SPIEGEL dann den Satz »Weitere Erklärungen von Firmennamen finden Sie in der englischen Ausgabe der Web-Enzyklopädie Wikipedia«, und das Wort »Exklusiv« war verschwunden. Kein Wunder also, dass manche Journalisten auf Blogger nicht gut zu sprechen sind und sie gerne als schreibende Laien herabwürdigen.
So liest man also die 12 Gründe, die Don Alphonso aufführt. »Blogs werden nicht von PR behelligt«, heißt es da oder Blogs sind »nicht an Werbekunden gebunden«.
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Mit solch hehren Worten aufgeputscht, gelangt man auf die Seiten, die sozusagen beispielhaft einige Weblogs aufführen. Der unbedarfte Leser mag nun vielleicht Texte von journalistisch-investigativer Brisanz oder zumindest mit literarischen Qualitäten erwarten.
Und was is? Nix is!
[..]. BLOGS! ist zweifelsohne in einem richtigen Verlag erschienen und hat viele bunte Seiten. All das kann aber nicht von den belanglosen Texten ablenken, die hier versammelt sind und den Großteil des Buches ausmachen. Wir könnten hier unzählige Zitate anführen, deren Poesiealbum-Qualitäten einen ins Sofapolster beißen lassen würden und alles andere als literarisch oder journalistisch gehaltvoll sind. Von was hatte Don Alphonso in seiner Einleitung gesprochen? Diese Texte kann er nicht gemeint haben.
[..]Aber literarisch betrachtet lohnt es sich nicht, sie auf Papier zu drucken und dafür auch noch 24,50 EUR auszugeben. Als Versuch einer Dokumentation, als Versuch, die Flüchtigkeit des Netzes einzufangen, mag das Buch seine Berechtigung haben. Nicht umsonst wird es in der Blogosphäre überwiegend beigeistert aufgenommen und bereits schon jetzt als DAS Blogbuch bezeichnet, weil es die Blogoshäre ergänzt und in gewisser Weise ein Teil von ihr wird, indem über das Buch gebloggt wird und indem es nicht zuletzt auch das Blog zum Buch gibt. Denn Bloggen, das ist zum Glück mehr, als in dieses Buch passt.

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