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Angela Merkel sackt mit ihren Zustimmungswerten bei den deutschen Wählern ab, die Leitmedien der Deutschen spekulieren über ihre Absetzung. Viele Journalisten, Internetkommentar-Schreiber und noch mehr Wähler stehen eher auf Leute wie die Weinkönigin Julia Klöckner oder den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer. Erstere möchte an den Grenzen Lager errichten, um dort Flüchtlinge und Immigranten besser verwalten zu können; letzterer fordert seit Monaten eine Begrenzung der Zuwanderung, ohne sagen zu können, wie diese durchzusetzen wäre. Wenn ich mich aber bei meinen linken Freunden umhöre, dann haben diese nur gute Worte für unsere Angela. Auch die Flüchtlinge, die Dank Angela Merkels beherztem Auftreten („Wir schaffen das!“) ihren Kriegs- und Elendsgebieten entfliehen konnten, sind voll des Lobes für die „mächtigste Frau der Welt“. Wie ist dieser Widerspruch zu erklären?

Rückblick auf die Regierungszeit von Angela Merkel aus deutscher Sicht

Merkel konnte zwar nur knapp die Wahl 2005 für sich entscheiden, hat aber schnell Tritt gefasst und in der ersten Koalition (christ-/sozialdemokratisch) alle Fäden in der Hand behalten. Gemeinsam mit SPD-Finanzminister Steinbrück sprach sie eine unhaltbare Sparguthaben-Garantieerklärung aus und hatte Erfolg mit diesem Bluff. Auch bei der Fortsetzung ihrer Regierung als christliche-liberale Variante verblüffte sie durch überraschende Wendungen. So setzte sie nach der Atomreaktor-Katastrophe in Japan schnell den deutschen Atomausstieg durch, was durchaus passend zur Energiewende funktionierte, die sie in der erneuten großen Koalition weiter voranbringen sollte, wo sie aber auch die Uralt-Forderung von SPD und Gewerkschaften nach einem Mindestlohn unterstützte.

Die konservativen und auch die rechtsausgerichteten Wähler hatten mit Angelas Politik keine Probleme, doch dann kam ihr überraschendes Bekenntnis zur Adhoc-Hilfe gegenüber syrischen Flüchtlingen im August 2015. Das Flüchtlingsproblem wurde von den Publizisten im Internet genauso stark in der Auseinandersetzung nach vorne geschoben, wie bei den Mainstream-Medien und der sonstigen Publizistik. Die Deutschen möchten außer von diesen Problem von nichts anderem mehr hören, alle Talkshows drehen sich immer wieder darum, und auch die Statements der Gäste der Talkshows und der Diskutanten im Netz werden trotz laufender Wiederholungen in ihrem Aufmerksamkeitswert nicht gemindert.

Angela Merkel aus ausländischer Sicht

Schon länger nicht gut ist die Sichtweise auf unsere Angela im europäischen Ausland. Aus der Perspektive von Spaniern und Portugiesen, Franzosen und Italienern ist es die von Deutschland verordnete Austeritätspolitik, die bei ihnen für fast alle wirtschaftlichen Probleme verantwortlich gemacht wird. Neben Angela Merkel, die man auch gerne in Wehrmachtsuniform auf Zeitschriftencovers hebt, ist es vor allem der Finanzminister Schäuble („schwarze Null“), der als typischer Vertreter des hässlichen Deutschen herhalten muss.

Dass da etwas nicht nur in der Kommunikationspolitik schief läuft, wurde besonders in der Diskussion um die griechische Schuldenmoratoriumspolitik deutlich. Die Griechen wählten erstmals eine linke Alternative in die Regierung, doch auch diese wurde gezwungen, Abkommen abzuschließen, die nicht nur die wirtschaftliche Entwicklungsfähigkeit verschlechtern, sondern die auch erkennbar nicht eingehalten werden können. Deutsche Leitmedien und viele Internet-Kommentatoren forderten den Rauswurf der Griechen aus dem Euro und hätten auch kein Problem damit, wenn man gleich auch ein paar andere Pleite-Kandidaten hinterherschicken würde: erst Spanien, Portugal und Italien, dann aber auch Frankreich, wo es der neue Präsent in wenigen Monate schaffte, mit hohen Arbeitslosenzahlen Rekordwerte für die Zustimmung der Rechtsradikalen zu organisieren.

Wie gut Angela Merkel im Ausland als hässliche Deutsche funktionalisiert werden kann, konnte ich selbst bei einem Urlaub im April 2015 in Portugal erleben. Dort schien es für linke Parteien interessant, mit Angela Merkel und deutscher Sprache in großen Lettern Wahlpropaganda zu betreiben:

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Angela Merkel als hässliche Deutsche

Problem für Angela Merkel: Solidarität funktioniert nicht als Einbahnstraße

Das Flüchtlings- und Migrations-Problem, das Europa insgesamt nicht erst seit dem August letzten Jahres hat, erfordert gesamteuropäische Solidarität und die funktioniert nicht, solange man in Berlin und bei den ausführenden Organen in Brüssel eine Politik der Austerität betreibt. Denn diese bringt den ausländischen Freunden und Partnern nicht nur mehr Arbeitslose und weniger Handlungsspielräume für Infrastrukturmaßnahmen, sie gefährdet die demokratische Legitimation und für Politiker die Wiederwahl.

Von daher kann man es kaum von den Partnern erwarten, dass sie Angela Merkel aus der Patsche helfen, wenn es um Flüchtlinge und Migranten an der deutschen Grenze geht. Gelegentlich spürt man auch Schadenfreude im befreundeten Ausland, wenn dort erkannt wird, dass die deutsche Tüchtigkeit bei der Bewältigung von Problemen ihre Grenzen bzw. Begrenzung hat. Da werden dann Hilfsgelder für die Türkei nicht genehmigt, obwohl die dortige Regierung sie dringend braucht, um die Flüchtlinge direkt zu versorgen, damit ihre Weiterwanderung nach Westeuropa reguliert werden kann.

Das Flüchtlingsproblem ist mindestens europäisch einzustufen, wenn man es nicht gleich als Problem der westlichen kapitalistischen Gesellschaften insgesamt einstufen möchte. Denn schließlich gibt es unerwünschte bzw. ungesteuerte Migration auch in anderen westlichen Gesellschaften, wie beispielsweise in den Vereinigten Staaten, wo man für Begrenzungen im Sinne Seehofers auch gerne Grenzzäune errichtet und den Schießbefehl zur Anwendung bringt.

Das Flüchtlingsproblem in Europa ist also vereinfacht so einzustufen: Europa bietet für Bewohner jenseits der europäischen Grenzen noch Potentiale, um das Überleben sicherzustellen, das man der eigenen Region nicht mehr zutraut. Hier in Europa gibt es noch Beschäftigungsmöglichkeiten, die oft zwar nur prekär sind, die aber mindestens ein Überleben auf dem Existenzminimum als realistisch erscheinen lassen. Hier funktioniert noch die ärztliche Versorgung und verhungern braucht auch niemand, wenn er denn zur Not bereit ist, zur Tafel bzw. zum Sozialamt zu gehen, was nur von denen als angenehm empfunden wird, die diesen Weg noch nie zu gehen hatten.

Überlebensperspektive für Angela Merkel: Ein erneuter radikaler Schwenk ist nötig!

Angela Merkel hat es in ihrem interessanten Lebenslauf oft geschafft, radikale Schwenks zu vollziehen. Zu DDR-Zeiten war sie in der FDJ und erfolgreiche Karriere-Wissenschaftlerin in Physik. Bereits während der Wende wurde sie zum Shooting-Star der sehr gemäßigten Ost-CDU. Unter Helmut Kohl wurde sie dann Umweltministerin, nutzte aber die Schwäche des Kanzlers geschickt, um diesen und seinen potentiellen Nachfolger auszumanövrieren. Viele weitere Konkurrenten wurden in den Folgejahren eliminiert, die Liste wird zu lang, um sie hier auszubreiten.

Erst Ausbau der Atomkraft, dann Atomausstieg, erst Abschaffung der traditionellen Krankenversicherung, dann Einführung des Mindestlohns, das sind weitere Beispiele für mehr oder weniger geschickte Wendemanöver der Angela Merkel.

Nun steht also ein weiteres Wendemanöver an, um mit Erfolg nach der nächsten Wahl in eine schwarz-grüne (christlich/ökologische) Koalition einsteigen zu können. Angela Merkel müsste die Austeritätspolitik überwinden und mittels keynesianischer Wirtschaftspolitik Deutschland und Europa auf einen Modernisierungskurs bringen. Dafür muss nicht nur die schwarze Null auf das verdiente Altenteil geschickt werden, auch die Verfassungsverpflichtung für schuldenfreie Haushalte muss weg. Geld muss ausgegeben werden und zwar nicht zu knapp, schließlich kann dies auch wesentlich dazu beitragen, dass die Eurokrise überwunden wird.

Nachhaltiges Wachstum in Europa sorgt auch für bessere wirtschaftliche Rahmenbedingungen außerhalb Deutschlands. In Deutschland selbst muss die Beschäftigung im öffentlichen Dienst verbessert werden. Wir brauchen mehr Lehrer mit besseren Gehältern, als die, die den prekär beschäftigten Kollegen bisher gezahlt werden. Aber auch die anderen Arbeitnehmer brauchen mehr Geld, genauso wie die knapp gehaltenen Rentner und Hartz-4-Bezieher, schließlich soll nicht nur Deutschland, sondern auch das europäische Ausland aus dem steigenden Konsum der unteren Einkommensschichten Vorteile generieren.

Es bleibt abzuwarten, ob Angela Merkel diesen erneuten Schwenk noch hinbekommt. Falls dies gelingen sollte, dann hätte sie erneut ein Bundesverdienstkreuz verdient, schließlich ist es bisher nach Willy Brandt noch keinem Bundeskanzler gelungen, das Bild des hässlichen Deutschen etwas verblassen zu lassen.

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