Logisches Denken steht hoch im Kurs. Beliebt sind Krimis, wo der der Defektiv durch logisches Denken den Täter findet. Intuitives Denken und logisches Denken passen nicht so gut zusammen. Viele Ökonomen gehen davon aus, dass wirtschaftliche Entscheidungen nur rational (vernünftig) sind, wenn sie durch logisches Denken zustande kommen. Psychologen bezweifeln, dass Menschen überwiegend auf Basis von logischem Denken handeln. Doch wäre es überhaupt gut, wenn wir unsere Entscheidungen allein auf logisches Denken gründen? Ist intuitives, also schnelles Denken nicht dem logischen Denken überlegen?
Zunächst möchte ich mal logisches Denken kurz definieren. Logisches Denken beruht auf Schlussfolgerungen, die im Einzelnen geprüft werden können. Wenn ein Täter im Krimi überführt wird, dann führt der Defektiv einzelne Tatsachen an, die jeweils für sich auch unabhängig überprüft werden können. Aus der Summe der einzelnen Tatsachen ergibt sich ein stimmiges Bild, das mehr oder weniger stark auf den Täter hinweist. Logisches Denken ist schlussfolgerndes Denken.
Das oben verlinkte Buch vom Ökonomie-Nobelpreisträger Daniel Kahneman ist gegenwärtig ein Bestseller. Kahneman konnte als Psychologie erstmals an einem einfachen Beispiel zeigen, dass Menschen auch bei elementaren logischen Entscheidungen fehlerhaft sein können. Berühmt ist das Beispiel von Linda, der Bankangestellten.
Linda ist einunddreißig Jahre alt, ledig, sehr intelligent und sagt offen ihre Meinung, im Hauptfach hat sie Philosophie studiert. Als Studentin hat sie sich für Fragen der Gleichberechtigung und der sozialen Gerechtigkeit engagiert, außerdem hat sie an Demonstrationen gegen Atomkraftwerke teilgenommen. Welche der beiden folgenden Alternativen ist wahrscheinlicher?
1. Linda ist Bankangestellte. 2. Linda ist Bankangestellte und in der Frauenbewegung aktiv. |
Hier wird meist die Alternative 2 gewählt, obwohl logisches Denken zeigen müsste, dass nur die Alternative 1 in Frage kommen kann. Denn die Alternative 2 macht trifft mehr Aussagen über Linda als die Alternative 1 und grenzt damit das Eintreffen der Alternative ein, macht sie also unwahrscheinlicher.
Doch ist diese Einschätzung von Kahneman richtig? Einwendungen gegen diese Sichtweis gibt es nicht nur von Gerd Gigerenzer, auf den ich schon in einen anderen Blogbeitrag zu Bauchentscheidungen hingewiesen habe. Irgendwie passt die zweite Alternative besser zur Story, die den Fragen voran gestellt ist. Gigerenzer verweist auf den Evolutionsbiologe Stephen J. Gould, der auch schon durch seine Intuition daran gehindert wurde, sich für die Alternative 1 zu entscheiden. Das logische Denken kann in einen Konflikt mit der Intuition kommen. Unsere Intuition sagt uns, dass ein Sprecher beim Erzählen einer Geschichte und dem Stellen von Fragen zur Geschichte auf Relevanz achtet. Die Heuristik, die hier angewandt wird, ist: „Relevante Informationen müssen berücksichtigt werden.“ Die Befragten bei Kahneman antworten also faktisch auf die Frage: „Welche der beiden Alternativen macht mehr Sinn?“
Logisches Denken im Rahmen der formalen Logik ist nicht das, was im Alltag immer erfolgsträchtig ist. Menschen versuchen die Informationen, die sie bekommen, zu einem schlüssigen Bild zusammenzufügen. Logisches Denken steht damit im Gegensatz zu intuitiven Schlussfolgerungen. Gigerenzer weist auch darauf hin, dass die logische Verwendung des „und“, das hier eine sehr wichtige Rolle spielt, nicht mit der umgangssprachlichen Verwendung von „und“ übereinstimmen muss. Wenn jemand sagt, dass er „Freunde und Kollegen“ zu einer Geburtstagsfete einlädt, dann meint er meist, dass die Eingeladenen aus dem Kreis kommen, der aus den Freunden und aus den Kollegen besteht. Nicht jeder Eingeladene ist zugleich Freund und Kollege. Da die sprachliche Verwendung von „und“ nicht im logischen Sinne Bestandteil der Umgangssprache ist, kann es auch nicht verwundern, dass das Linda-Beispiel scheinbar unlogisch von den Befragten ausgewertet wird.
Intelligentes Denken sollte logisches Denken sein. Doch nur dann, wenn das logische Denken zum Kontext der Geschichte oder des Handelns passt, die für die aktuelle Situation zielführend ist.
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